Chronische Lebererkrankung & eingeschränkte Immunabwehr

Chronische Lebererkrankung und hohe Anfälligkeit für virale Infektionen haben einen Zusammenhang. Bonner Forscher*innen zeigen Ergebnisse und unterstreichen die grundlegende Rolle der Mikrobiota und der Darm-Leber-Achse bei der Unterdrückung der antiviralen Immunfunktionen und somit der Immunabwehr.

Patient*innen, die an einer chronischen Lebererkrankung leiden, sprechen nicht auf Impfungen an und haben ein hohes Risiko für Virusinfektionen. Bei diesen Patient*innen sind die virusspezifischen T-Zellen defekt und nicht in der Lage, virale Erreger zu eliminieren. Einem Forscherteam am Universitätsklinikum Bonn (UKB) ist es nun in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität Oxford und der Technischen Universität München gelungen, den molekularen Mechanismus aufzuklären, der der Unterdrückung der T-Zell-Immunität zugrunde liegt. Sie konnten zeigen, dass die gezielte Hemmung eines einzelnen Immunrezeptors die Immunantwort auf eine Impfung gegen Hepatitis B und COVID-19 bei Patienten mit chronischen Lebererkrankungen wiederherstellen kann.

Chronische Lebererkrankung (CLD)

Leberzirrhose und Fibrose haben verschiedene Auswirkungen, die über die direkten Leberfunktionen hinausgehen: Die Patient*innen haben eine erhöhte Anfälligkeit für Virusinfektionen, die oft unheilbar sind und zu lebensbedrohlichen Erkrankungen führen können. Außerdem zeigen CLD-Patient*innen eine schwache Reaktion auf Impfungen. Beides könnte auf eine eingeschränkte Funktionalität des erworbenen, fachsprachlich adaptiven, Immunsystems zurückzuführen sein. Ein bestimmter Typ von Immunzellen, die T-Zellen, ist für die Bildung eines immunologischen Gedächtnisses nach einer Infektion oder Impfung verantwortlich. Der Verlust der T-Zell-Immunität bei CDL-Patient*innen ist eine bekannte klinische Komplikation. Um die Funktionalität ihres Immunsystems wiederherzustellen, ist es wichtig, die Mechanismen zu verstehen, die dem Verlust der T-Zell-Immunität während der Leberschädigung zugrunde liegen.

Darmbakterien in der Leber

Eine chronische Lebererkrankung wird häufig von einer krankhaften Veränderung der Darmflora begleitet. Dadurch wird die Barriere des Darms geschwächt, so dass Bakterien dieser Mikrobiota in den Blutkreislauf und damit letztlich in die Leber gelangen können. Dort aktivierten sie die Immunzellen in der Leber und induziert die Freisetzung von Interferon Typ I (IFN-I). Dieser körpereigene Botenstoff wirkt als Alarmsignal für umliegende Immunzellen in der Leber. Die alarmierten angeborenen Immunzellen setzen ihrerseits ein weiteres entzündungshemmendes Zytokin namens Interleukin 10 frei. Die Forschenden haben dieses Zytokin als den Schlüsselvermittler der gestörten T-Zell-Funktionalität bei CDL identifiziert.

Als sie die virusspezifischen T-Zellen im Kontext der CDL untersuchten, beobachteten sie die gleiche Gensignatur wie bei erschöpften, dysfunktionalen T-Zellen bei Krebs und chronischen Virusinfektionen. Ein Kennzeichen dieser defekten T-Zellen ist die Hochregulierung von Genen, die durch das entzündungshemmende Zytokin Interleukin 10 (IL-10) induziert werden. Diese T-Zellen sind nicht mehr in der Lage, ihre Aufgabe als Teil der Immunantwort zu erfüllen, was zu einer behinderten Virusabwehr und einer verminderten Reaktion auf eine Impfung führt.

Die Blockierung von Immunsignalen rettet die Funktion der T-Zellen

Die Forschenden konnten zeigen, dass eine spezifische Neutralisierung von IFN-I und IL-10 zur Wiederherstellung der T-Zell-Immunität gegen virale Infektionen führt. Sie haben den IL-10-Signalweg als potenzielles Ziel identifiziert, um die T-Zell-vermittelte Immunantwort und auch die Wirksamkeit der Impfung bei CLD-Patient*innen wiederherzustellen. Um IL-10 in ihrer Umgebung zu erkennen, nutzen T-Zellen einen IL-10-Rezeptor auf ihrer Oberfläche. Durch die gezielte Blockierung dieses Rezeptors konnten die Wissenschaftler*innen die antivirale Immunität bei Mäusen wiederherstellen.

In einer anschließenden klinischen Studie wurde diese Erkenntnis für T-Zellen von geimpften Zirrhose-Patient*innen bestätigt. Außerdem zeigte die Behandlung keine immunpathologischen Nebenwirkungen, was den IL-10-Signalweg zu einem vielversprechenden Ziel für die Wiederherstellung der T-Zell-Immunität bei CLD-Patient*innen macht, das in künftigen klinischen Studien weiter erforscht werden kann.

Die Studie unterstreiche die grundlegende Rolle der Mikrobiota und der Darm-Leber-Achse bei der Unterdrückung der antiviralen Immunfunktionen. Dies gelte nicht nur für Patient*innen, die an CDL leiden, sondern auch für die systemische Persistenz von Virusinfektionen und das schlechte Ansprechen auf Impfungen, sind die Forschenden überzeugt.

Originalpublikation

Carl-Philipp Hackstein et al: Interferon-induced IL-10 drives systemic T-cell dysfunction during chronic liver injury; „Journal of Hepatology“; DOI: https://doi.org/10.1016/j.jhep.2023.02.026

Quelle: Universitätsklinikum Bonn

 
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Verena Bastian

Verena Bastian ist staatliche geprüfte Heilpraktikerin seit 2014. Davor studierte Sie Betriebswirtschaftslehre und arbeitete danach mehrere Jahre in der Finanzabteilung eines großen Baustoffkonzerns. Durch eine Autoimmunerkrankung im Familienkreis kam sie 2008 zur Naturheilkunde und ist seit 2014 als Heilpraktikerin in eigener Praxis tätig. Ihre Praxisschwerpunkte sind die Diagnostik und Therapie von immunologischen Erkrankungen, Frauenheilkunde, Präventionsmedizin und Traumaintegration.

Eine intensive Ausbildungszeit und der ständige Drang nach Weiterbildung haben ihren Weg bis hierhin begleitet. Viele Seminare, Weiterbildungen und wundervolle Lehrer:innen ebneten den Weg für eine eigene Praxis.

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