Long-COVID-Symptome als Folge einer EBV-Reaktivierung?

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den USA und der Türkei schlagen vor, Patientinnen und Patienten mit COVID-19 auf eine Reaktivierung des Epstein-Barr-Virus (EBV) zu testen. Liegt eine Reaktivierung vor, sei im Verlauf auf typische EBV-Manifestationen zu achten, besonders auf Symptome, die auch bei Long-COVID beobachtet werden. Bei Befragungen und serologischen Untersuchungen von 185 Betroffenen nach akuter COVID-19-Erkrankung [1] ermittelten sie Long-COVID-ähnliche Symptome bei etwa 30%. Bei 66,7% von 30 Patientinnen und Patienten mit Long-COVID-Symptomen, bei denen der EBV-Status ermittelt wurde, konnte eine EBV-Reaktivierung nachgewiesen werden.

Möglicherweise gehen viele Long-COVID-Symptome gar nicht auf das SARS-CoV-2-Virus zurück, sondern auf eine durch COVID-19-getriggerte Reaktivierung von EBV. Das vermuten Forscherinnen und Forscher, die jetzt in einer Untersuchung [1] bestätigen konnten, worauf schon frühere Studien hingewiesen haben: Bei COVID-19 kommt es häufig zu EBV-Reaktivierungen. Long-COVID-Symptome und die Beschwerden, die bei EBV-Reaktivierungen vorkommen, überschneiden sich erheblich.

Aus 357 Bewerberinnen und Bewerbern, die sich auf eine Online-Anzeige hin zur Teilnahme an der Studie bereit erklärt hatten – gesucht wurden Menschen, die sich von einer akuten COVID-19-Erkrankung erholt hatten und bereit waren, Angaben zu ihren Erfahrungen mit der Erkrankung zu machen –, wurden zunächst 185 zufällig ausgewählt, um die Prävalenz von Long-COVID-Symptomen auszuwerten. Anschließend wurde bei 68 Teilnehmern der EBV-Status ermittelt. In diese Analyse wurden Menschen eingeschlossen, deren positiver SARS-CoV-2-Test entweder 21 bis 90 oder mehr als 90 Tage zurücklag. Sie wurden wiederum jeweils danach unterteilt, ob sie Long-COVID-Symptome hatten oder nicht.

Während nur zwei von 20 Kontrollen (10%) ohne Long-COVID-Symptome mit länger als 90 Tage zurückliegendem SARS-CoV-2-Nachweis positive Titer für EBV EA-D (‚early antigen-diffuse‘)-IgG oder EBV VCA (‚virales Capsid-Antigen‘) aufwiesen, hatten in der entsprechenden Gruppe mit Long-COVID-Symptomen mit 20 von 30 (66,7%) signifikant mehr eine solche EBV-Reaktivierung. Das Verhältnis in den Gruppen mit noch nicht so lange zurückliegendem SARS-CoV-2-Test war ähnlich. Durch zusätzliche Verwendung eines EBV-PCR-Tests konnten noch weitere Teilnehmende mit EBV-Reaktivierung identifiziert werden, so dass in der Langzeit-Gruppe mit Post-COVID-Symptomen letztlich 73,3% und in der Kurzzeitgruppe 77,8% eine EBV-Reaktivierung zeigten.

Von den Patienten mit EBV-Reaktivierung gaben 58,6% Fatigue, 48,3% Schlaflosigkeit, je 44,8% Kopfschmerzen oder Myalgien, 41,4 Verwirrtheit oder ‚Hirnnebel‘, 37,9% Schwäche, 31% Hautausschläge, je 24,1% Halsentzündungen, Bauchschmerzen oder Tinnitus, je 13,8% Fieber oder zervikale Lymphknotenschwellungen und 6,9% einen milden bis moderaten Hörverlust an.

Long-COVID – neue Ansätze für die Diagnose und den Umgang

Über 90% der Weltbevölkerung ist latent mit EBV infiziert. Das Virus persistiert lebenslang im Körper und kann in Stresssituationen, etwa bei anderen Erkrankungen, jederzeit reaktiviert werden. Da EBV-Reaktivierungen, wenngleich selten, zu schweren klinischen Manifestationen, beispielsweise zu Kardiomyopathien, Multisystemversagen oder Lymphomen führen können mahnen die Autorinnen und Autoren zu entsprechender Aufmerksamkeit im Rahmen der Pandemie. Das Wissen über die Assoziationen zwischen SARS-CoV-2-Infektionen und EBV-Reaktivierungen schaffe neue Ansätze für die Diagnose und den Umgang mit Long-COVID, möglicherweise auch für die Therapie.

[1] Gold JE, Okyay RA, Licht WE, Hurley DJ. Investigation of Long COVID Prevalence and Its Relationship to Epstein-Barr Virus Reactivation. Pathogens. 2021 Jun 17;10(6):763.

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8233978/

Verena Bastian

Verena Bastian

Verena Bastian ist staatliche geprüfte Heilpraktikerin seit 2014. Davor studierte Sie Betriebswirtschaftslehre und arbeitete danach mehrere Jahre in der Finanzabteilung eines großen Baustoffkonzerns. Durch eine Autoimmunerkrankung im Familienkreis kam sie 2008 zur Naturheilkunde und ist seit 2014 als Heilpraktikerin in eigener Praxis tätig. Ihre Praxisschwerpunkte sind die Diagnostik und Therapie von immunologischen Erkrankungen, Frauenheilkunde, Präventionsmedizin und Traumaintegration.

Eine intensive Ausbildungszeit und der ständige Drang nach Weiterbildung haben ihren Weg bis hierhin begleitet. Viele Seminare, Weiterbildungen und wundervolle Lehrer:innen ebneten den Weg für eine eigene Praxis.

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